Textomat – Büroanwendung zum kleinen Preis
Gute Textverarbeitungs-Programme kosten häufig mehrere hundert Mark. Aber es geht auch billiger. Beim Textomat von Data Becker stimmt der Preis, und er kann auch mit den Leistungen wesentlich teuerer Programme konkurrieren.
Oft muß der Commodore 64 die Aufgaben eines Personal Computers übernehmen. So erfreut er sich beim Einsatz in der Textverarbeitung zunehmender Beliebtheit. Einen wesentlichen Beitrag dazu haben die Entwickler spezieller Textverarbeitungsprogramme, wie Textomat, geleistet. Die Textverarbeitung, eine der sinnvollsten und nützlichsten Anwendungen des Computers, birgt aber ein Handicap in sich: Sie läßt kaum Kompromisse zu.
Sinnvolles Arbeiten ist mit solchen Programmen nur dann möglich, wenn einige Grundvoraussetzungen erfüllt werden:
- Ein deutscher Zeichensatz auf dem Bildschirm, leicht zu handhabende, deutsche Benutzerführung
- Umfangreiche Textformatierungsbefehle für den Ausdruck und den Bildschirm
- Die Möglichkeit zur Diskettenverwaltung
- Umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten an verschiedene Drucker.
- Verschiebe,- Ersetz,- und Kopierfunktionen.
- und möglichst eine Schnittstelle zu einem Datenverwaltungsprogramm.
Alle diese Anforderungen zu erfüllen, verspricht der Textomat. Seine Geschichte ist eigentlich einen eigenen Artikel wert, denn angeboten wird das Programm schon seit über einem Jahr. In dieser Zeit reifte der Textomat von Version zu Version — nicht immer zur Freude der Käufer. Zum Test stand aber die bislang neueste Auflage dieses Programms zur Verfügung.
Textomat wird komplett mit Diskette und umfangreichem deutschen Handbuch geliefert. Das gesamte Programm ist ebenso wie das Handbuch ganz in Deutsch verfaßt. Sehr erfreulich, denn immer noch geistert in manchen Softwarehäusern die Vorstellung herum, daß professionelle Anwenderprogramme in englischer Sprache verfaßt sein müssen. Das insgesamt vorbildliche Handbuch macht selbst dem Computerneuling den Einstieg in die Textverarbeitung leicht. Es ist in einen Übungsteil, in dem alle Befehle schrittweise erklärt sind und einen Anwenderteil, der nochmals genauer auf alle Befehle eingeht, gegliedert.
Der Weg, der mit dem Textomat bei der Art der Textbehandlung beschritten wurde, hebt sich in einigen Punkten von anderen Konkurrenzprodukten ab. Der Textomat unterscheidet zwischen Schreib-, Kommando- und Menümodus. Texte werden im Schreibmodus erstellt.
Dazu stehen alle Buchstaben und Sonderzeichen sowie die Grafikzeichen, die sich mit der Commodore-Taste erreichen lassen, zur Verfügung. Im Kommandomodus werden alle Steuerzeichen in den Text eingegeben, die bei der Ausgabe auf den Drucker wirksam werden. Verschiedene Schriftarten lassen sich auswählen, Texte formatieren oder Zeilenabstände verändern. Wiederkehrende Redewendungen oder das aktuelle Datum können als Textbausteine definiert und problemlos aneinandergekettet werden; aber dazu später mehr. Der umfangreichste der drei Modi ist der »Menümodus«. In der untersten Bildschirmzeile sind die vier Hauptmenüs »Edit, Formular Ausgabe und Dienst« abgebildet. Nach dem Anwählen eines dieser Punkte beginnt der Kampf durch die Menülandschaft, die aus bis zu drei Untermenüs besteht (Bild 1). Soll beispielsweise der Inhalt einer Diskette eingelesen werden, so ist zuerst das Dienstmenü zu wählen, von da aus der Unterpunkt »Floppy« und dort angelangt wiederum der Punkt »Disketteninhalt zeigen«. Leider führt der Weg durch die Menüs nicht nur von oben nach unten, sondern auch von unten nach oben.
Eines der größten Handicaps des C 64 wurde beim Textomat elegant umgangen. Eine Textverarbeitung fordert in der Regel eine Darstellung von 80 Zeichen pro Zeile auf dem Bildschirm, denn ein Ausdruck hat ja meistens auch dieses Format. Da der C 64 aber nur mit einer 80-Zeichen-Karte oder mit einem entsprechenden Programm 80 Zeichen darstellen kann (wobei die Leserlichkeit bei der Software-Methode in Verbindung mit einem Fernseher stark leidet), wurden die Zeichen in ihrer Originalgröße belassen. Die Darstellung von mehr als 40 Zeichen wird durch automatisches horizontales Verschieben des Textes bewerkstelligt. Der Text kann dann ohne Rücksicht auf Textformatierung als zusammenhängende Folge von Wörtern eingegeben werden. Leider werden am definierten Zeilenende die Wörter unterbrochen und in der nächsten Zeile fortgesetzt. Diese Tatsache stört etwas, kann aber mit dem Prinzip des bildschirmorientierten Aufbaus erklärt werden. Die notwendige Formatierung des Textes wird erst kurz vor dem Ausdruck vorgenommen. Der Vorteil dieses Konzepts liegt darin, daß Texte allen Eventualitäten angepaßt werden können. Dazu stellt der Textomat eine nützliche Hilfsfunktion bereit. Alle häufig gebrauchten Formatbefehle können in Form von Formularen zusammengefaßt und abgespeichert werden. Ein einziger Text kann so durch einfaches Nachladen der Formatbefehle ein unterschiedliches Bild annehmen.
Wer aber lieber den Text schon auf dem Bildschirm formatiert haben will, kann dies durch Verwendung von »Fest-Zeichen« erreichen (Bild 2). Nun zur Praxis. Die erste Überraschung erlebt der Anwender kurz nach dem Laden. Er wird gefragt, welchen Schrifttyp er für die Bildschirmdarstellung wählt. Zur Auswahl stehen Standard-Deutsch/Amerikanisch und Altdeutsch/Amerikanisch, sowie ein individueller Zeichensatz. Der Unterschied zwischen den Standard- und den Alt-Zeichensätzen ist lediglich eine etwas verschnörkelte Darstellung auf dem Bildschirm (nicht auf dem Drucker!). Eine hübsche, aber nicht notwendige Funktion. Interessant ist die individuelle Zeichendarstellung. Mit ihr ist es möglich, besondere wissenschaftliche oder sogar japanische Zeichen auf dem Bildschirm darzustellen (Bild 3). Sinnvoll anwendbar ist diese Funktion allerdings nur dann, wenn gleichzeitig ein Drucker mit ladbarem Zeichensatz, wie der Epson FX-80, zur Verfügung steht. Erst dann werden die auf dem Bildschirm dargestellten Sonderzeichen auch ausgedruckt. Ansonsten bleibt die Wahl des Zeichensatzes eine hübsche Spielerei. Leider wird im Handbuch auf diese Funktion nicht genügend eingegangen. Beim Test gelang es deshalb erst nach mehreren Stunden, einen neuen Zeichensatz auszudrucken. Im einzelnen ist es notwendig, einen Zeichensatz zu entwerfen — ohne geeignetes Hilfsprogramm ein fast aussichtsloses Unterfangen. Außerdem muß der gesamte Vorgang für den Drucker wiederholt werden, denn Bildschirmdarstellung und Druckbild (Bild 4) sind zwei grundverschiedene Angelegenheiten. Der fertige Zeichensatz wurde dann vor den Textomat geladen und in den Zeichenspeicher des FX-80 übertragen.
Der Textomat kann auch den deutschen Zeichensatz darstellen. Nach der Wahl des deutschen Zeichensatzes werden einige Tasten des C 64 umbelegt, das »Z« und das »Y« werden vertauscht und die deutschen Umlaute definiert. Der erste Versuch, diese Zeichen auch auszudrucken, wurde mit dem Epson-Drucker vorgenommen, der ja bekanntlich über einen deutschen Zeichensatz verfügt. Leider ist es vorher notwendig, jedem einzelnen Zeichen einen eigenen, im Druckerhandbuch beschriebenen, Wert zuzuordnen; ein langwieriges und fehlerträchtiges Unterfangen. Andererseits wird dadurch sichergestellt, daß größte Flexibilität erhalten bleibt. Die fertige Einstellung wird zusammen mit den ebenfalls definierbaren Steuercodes auf einer sogenannten Parameterdiskette abgespeichert.
Dadurch entfällt die erneute Eingabe aller Werte. Wünschenswert wäre allerdings, wenn eine solche Einstellung für die gängigen Schnittstellen und Drucker bereits auf der Diskette mitgeliefert würde. Denn nicht jeder Anwender ist mit den innersten Geheimnissen der Zeichendarstellung vertraut.
Zurück zum deutschen Zeichensatz. Nach den vorgenommenen Einstellungen druckte der Textomat mit einem Epson FX-80 ordnungsgemäß den gesamten Zeichensatz aus. Lediglich beim Görlitz-Interface älterer Bauart kam es zu gar keinem Ausdruck, da erst die neueren Versionen mit Textomat zusammenarbeiten. Wie verhielten sich aber Commodore-Drucker, namentlich der 1526 oder MPS 802, die ja keinen deutschen Zeichensatz kennen? Das Ergebnis war verblüffend und erfreulich zugleich, der angeschlossene MPS 802 stoppte bei jedem Umlaut kurz, druckte dann aber das gewünschte Zeichen. Ein kleiner Programmiertrick mit großer Wirkung! Das beim MPS 802 (früher VC 1526) mögliche, eine frei definierbare Zeichen wird durch ständiges Umdefinieren zur Darstellung der Umlaute verwendet. Auch die grafikfähigen Commodore-Drucker wie der MPS 801 (VC 1525) ließen keinen Umlaut aus. Kein anderes uns bekanntes Textverarbeitungssystem verfügt über diese Besonderheit. Der Ausdruck dauert zwar etwas länger, aber er erfüllt alle Anforderungen an einen sauberen Ausdruck. Nur wer ganz genau hinschaut, erkennt, daß die Umlaute nicht exakt zwischen den anderen Buchstaben stehen.
Einer der Hauptvorteile der computergestützten Textverarbeitung ist die Möglichkeit, den Text beliebig zu verschieben, zu editieren und zu korrigieren, ohne dabei Zeit zu verlieren und kiloweise Altpapier zu produzieren. Der Textomat ist in diesem Bereich mit einigen sehr interessanten Befehlen ausgestattet. Die sogenannten Blockoperationen erlauben es, einzelne Textblöcke zu markieren und diese nach Belieben zu verschieben, zu löschen, oder zu kopieren.
Leider muß ein Block immer nur aus ganzen Zeilen bestehen, so daß nach dem Blockkommando immer noch etwas nachgebessert werden muß. Aber auch hierzu sind eine Reihe von Tastenfunktionen vorgesehen. Wer den Commodore-Editor gewöhnt ist, muß allerdings eine kleine Änderung berücksichtigen. Bei einem Druck auf die DEL-Taste wird das Zeichen gelöscht, an dem der Cursor steht und nicht wie üblich, das Zeichen links von ihm. Nach Betätigen der Taste »INS« wird in der Informationszeile am oberen Bildschirmrand »Einf.« für »Einfügen« angezeigt. Alle nachfolgend eingegebenen Zeichen werden nun in den bereits bestehenden Text eingeschoben.
Die Funktionstasten f3 bis f6 machen ein wortweises Vor- und Zurückspringen, aber auch Sprünge an den Textanfang und das Textende möglich.
Eigentlich wäre der Textomat jetzt schon ein gutes Textverarbeitungsprogramm, aber er bietet noch mehr. Einfache arithmetische Operationen sind ihm nichts Unbekanntes. Im Kontrollmodus können beliebig viele Zahlen zur Berechnung herangezogen werden. Die Genauigkeit ist hinreichend, denn sogar Nachkommastellen werden berücksichtigt. Eine hilfreiche Funktion, die noch dadurch verbessert werden könnte, wenn die Verknüpfungsoperanten definierbar wären.
Wesentlich wichtiger, da häufiger gebraucht, ist die Schnittstelle zu einem Datenverwaltungsprogramm. Der Sinn dieser Funktion liegt in dem Erstellen von Formbriefen und Rundschreiben. Im Handbuch wird auf das Datenverwaltungsprogramm aus gleichem Hause verwiesen, dem Datamat. Leider konnten wir diese Funktion nicht in befriedigendem Maße testen, da uns dieses Programm nur in einer veralteten, viel zu langsamen Version vorlag. Mit etwas Übung und Geduld kann es aber gelingen, den richtigen Datensatz aus dem entsprechenden Datenfeld zu lesen. Sie merken schon, ganz einfach ist diese Funktion nicht zu handhaben.
Wer glaubt, jetzt das Ende der Fähigkeiten von Textomat erreicht zu haben, irrt. Beim Test gefielen noch zwei Dinge besonders. Die Diskettenoperationen und die Suchfunktion. Erstere beginnen mit der Wahl des entsprechenden Laufwerkskonstellation (Bild 5). In einem einfachen Wählmenü kann eingestellt werden, wieviele Laufwerke (1 oder 2) und mit welchem Interface (IEEE 488 oder serieller IEC-Bus) sie angeschlossen sind. Der Einsatz zweier 1541 oder einem 4040 Doppellaufwerk wird somit unterstützt. Natürlich sind auch alle Kommandobefehle des Laufwerkes verfügbar. Die Besitzer eines Kassettenlaufwerkes werden allerdings enttäuscht. Denn weder das Programm noch seine Dateien arbeiten mit der Kassette zusammen.
»Suchen und Ersetzen« ist die Aufgabe der Suchfunktion. Beliebige Textstrings können hiermit entweder einzeln oder global durch einen anderen ersetzt werden. Dies ist ein anderer Weg, Serienbriefe zu erzeugen, indem der Name eines Adressaten durch den eines anderen im gesamten Text ersetzt wird. Das ist zwar etwas umständlicher, aber es erspart den Kauf des Datamat (jedenfalls in dieser Beziehung).
Der Textomat stellt ein leistungfähiges Textverarbeitungsprogramm mit leichten Verbesserungsmöglichkeiten dar. Mit ihm ist ein durchaus sinnvolles und komfortables Arbeiten in vielen Bereichen möglich, auch wenn die Steuerung der vielen Funktionen manchmal etwas gewöhnungsbedürftig ist. Eine einzige Funktion konnte im Test leider gar nicht überzeugen: Das Ausdrucken. Nach dem Start des Ausdrucks ist kein Anhalten und keine Korrektur mehr möglich. Dies ist besonders widrig, wenn das gesamte System noch nicht optimal ist. Wer vergessen hat, seine Drucker anzustellen oder wer in Verbindung mit einem Epson-Drucker vergessen hat, die Parameterdiskette zu komplettieren, wird nichts erhalten. Auch nicht seinen Text zurück. Deshalb Vorsicht beim Ausdruck, erst abspeichern, dann drucken! Es wäre schön, wenn die Anpassung an die verschiedenen Drucker etwas komfortabler gestaltet werden könnte, denn die Umrechnung und die Eingabe von hexadezimalen Zahlen ist nicht jedermanns Sache.
Einen Bereich gibt es allerdings, in dem der Textomat »noch« nicht zu schlagen ist: Der Textomat ist jede seiner 99 Mark wert und es wäre wünschenswert, wenn auch andere Softwarehäuser ähnlich gute Programme in dieser Preisklasse anbieten würden.
(Arnd Wängler/aa)