Die Stimme des Meisters
Welch ungläubiges Staunen erweckte doch die erste Phonografentrommel seinerzeit. Kaum anders geht es dem Computerbesitzer heute, wenn er die eigene Stimme aus dem C 64 hört.
Die Vielseitigkeit des Commodore 64 ist schon beinahe sprichwörtlich. Der Covox Voice-Master (siehe Bild) baut auf dieser Flexibilität auf. Er ist das erste Zusatzgerät für den C 64, mit dem es gelingt, die eigene Sprache elektronisch zu speichern und wieder abzurufen.
Im Speicher des Commodore werden die mit einem Mikrofon auf herkömmlichem Weg aufgenommenen Toninformationen als digitale Werte abgelegt. Ebenso wie alle Basic- oder Maschinenprogramme sind die Tondaten für das mitgelieferte Steuerprogramm jederzeit und vor allem sehr schnell verfügbar. Damit die aufgenommenen Tonimpulse aber auch wiedergegeben werden, bedient sich das Steuerprogramm des SIDs.
Töne mal ganz anders
Dieser produziert dann nicht, wie so oft, Musik oder die Geräuschkulisse für Spiele, sondern die Originalstimme des Benutzers. Ein verblüffender Effekt. Bisher bekannte Programme, wie etwa der SAM, mußten oft umständlich programmiert werden. Mit Voice-Master merkt sich der Commodore einfach die in ein Mikrofon gesprochenen Worte.
Auf diese Weise finden bis zu 64 einzelne Worte auf einmal im Speicher Platz. Da die Speicherung solcher Daten recht aufwendig und platzraubend ist, sind volle 64 Worte nur bei sehr kurzen Vokabeln möglich. In der Regel stehen etwa 40 programmierbare Worte zur Verfügung. Wer sich jetzt fragt, wieviel dann noch für sein Programm übrigbleibt, fragt richtig, denn umfangreiche Basic-Programme sind nicht mehr möglich. Dies gilt für die erste Version des Voice-Masters. Die ebenfalls mitgelieferte zweite Version läßt den gesamten Basic-Speicher unangetastet, hat aber nur noch etwa acht KByte für Tondaten (was nicht viel ist).
Einfachste Bedienung
Wer glaubt, daß ein solches Programm schwierig zu handhaben ist, wird freudig überrascht sein. Die Worte werden in einer FOR-NEXT-Schleife mit dem Befehl LEARN A eingegeben, die Variable A ist dabei die Nummer des Wortes. Zur Wiedergabe der Wörter (über den normalen Fernsehlautsprecher) genügt der Befehl SPEAK A. Ebenso simpel kann die Lautstärke (VOLUME B) oder die Sprechgeschwindigkeit (SPEED C) verändert werden. Wichtigstes Beeinflussungsmerkmal für die Töne ist die Aufnahmefrequenz (RATE D), die zwischen 5000 Baud und 12000 Baud einstellbar ist. Interessante und manchmal recht lustige Variationen der Worte sind das Resultat einer einfallsreichen Verkettung dieser Befehle. Mit etwas Geschick ist auch ein Echo-Effekt möglich.
Auf der Suche nach dem Zweck
Natürlich drängt sich bei einem solchen Zusatzgerät die Frage auf, wozu das Ganze eigentlich nützlich sein kann. Vordringlich fallen einem da Anwendungen wie die Sprachunterstützung bei Spielen (Achtung! Feind von rechts!), oder die akustische Unterstützung eines Auswahlmenüs ein. Daß auch wesentlich anspruchsvollere Anwendungen denkbar sind, zeigt das beigefügte Taschenrechnerprogramm, das jede eingegebene Zahl oder Rechenoperation mit Worten bestätigt. Mit einer auch beim Commodore 64 möglich erscheinenden Speichererweiterung von 256 KByte ist so eine akustische Eingabekontrolle jeder gedrückten Taste denkbar. Für Blinde eröffnet sich so die weite Welt der Microcomputer. Aber auch für Sehende ist das Erlernen der Programmiersprache Basic mit akustischer Unterstützung sicherlich einfacher.
Besonders angenehm ist es, daß man die eingegebenen Worte auf Diskette abspeichern kann. Im Bedarfsfall steht jeder beliebige Wortschatz innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung. Zur Wiedergabe der Worte ist das Modul des Voice-Masters überflüssig, nicht aber die Software. Dieses kurze Programm muß in jedem Fall geladen beziehungsweise in ein Programm einbezogen werden. Programme mit eigener Sprachunterstützung stehen somit auch allen jenen zur Verfügung, die den Voice-Master nicht besitzen. Verändern können Sie den Wortschatz allerdings nicht mehr.
Sprachausgabe ohne Zusatz
Die Charakteristik jeder Stimme oder eines bestimmten Geräusches bleibt erstaunlich naturgetreu erhalten. Leider entspricht das mitgelieferte Mikrofon nicht dem Stand der Technik. Ein Versuch hingegen, Musik mit einem guten Mikrofon aufzunehmen, brachte ganz erstaunliche Ergebnisse. Der Commodore als Musikrecorder, ein mögliches, aber wohl etwas zu teures Verfahren. Für die reine Sprachein- und -ausgabe ist der Preis von 298 Mark gerade noch tragbar.
Zukunftsmusik
Wichtigste Erkenntnis ist aber die Enthüllung der ICs als Ton-Speichermedium der Zukunft. Vollkommen naturgetreue und beliebig beeinflußbare Reproduktion von Daten, seien es nun Tondaten oder Videoinformationen, sind das Ergebnis. Sollte sich die Preisentwicklung und die Leistungsfähigkeit der Speicherchips mit der gleichen Geschwindigkeit wie bisher weiterentwickeln, so wird es sicher bald Videokassetten geben, die kein-Gramm Magnetband mehr enthalten. Der Voice-Master wird bis dahin aber sicher schon ein Urahn dieser Entwicklung sein.
(Arnd Wängler/aa)Bezugsquelle: Microton, Computerprodukte, Bahnhofstr. 2, CH-2542 Pieterlen