C 64
Mailbox-Test

Ein modernes Abenteuer — Mailboxen in Deutschland

Kommen Sie mit uns auf die Reise durch Deutschlands Mailboxen. Einer Reise ins Abenteuer mit Computer und Akustikkoppler. Unser Mailboxtest zeigt Ihnen, wie aufregend das legale Stöbern in fremden Computern ist.

Wer einmal eine Reise macht, der kann etwas erzählen. So hieß es schon vor 100 Jahren. Wir haben uns auf die Reise begeben und Deutschlands Mailboxen für Sie besucht. Unser ganzes Reisegepäck bestand aus einem C 64, einem Epson CX-21-Akustikkoppler und natürlich dem Telefon. Zuverlässiger Reisebegleiter war auf jeder Etappe das in Ausgabe 1/85 getestete Terminal 64-Programm. Machen wir uns auf den Weg, steigen Sie ein! Erstes Ziel unserer Reise liegt in Süddeutschland, denn dort wollen wir uns die Informationen zur Planung der weiteren Reiseroute holen. Sie fragen, wie das gemeint ist?

Nummern aus der Mailbox

Nun, wo könnte man besser Mailboxnummern herbekommen, als aus einer Mailbox. Starten wir unseren ersten Versuch. Das Terminalprogramm und der Akustikkoppler sind auf die Standardparameter (Tabelle 1) eingestellt und empfangsbereit. Den Telefonhörer am Ohr, wählen wir die Nummer der MCS-Mailbox in Karlsruhe. Verbindung hergestellt.

Baudrate: 300 Baud
Datenbits: 7
Stoppbits: 1
Übertragung: Vollduplex
Achtes Bit: Null
Tabelle 1. Standardparameter (Übertragungsprotokoll) der meisten Mailboxen. Diese Parametereinstellung setzt sich immer mehr durch oder wird automatisch eingestellt.

Kaum zu glauben, wie aufregend es sein kann, auf das Zustandekommen einer Verbindung zu warten. Schon bei früheren Tests hatten wir feststellen müssen, daß oft viele Anläufe notwendig sind, um eine freie Leitung zu bekommen. Um so größer ist dann die Freude, aber auch die Hektik, wenn der Computer auf der anderen Seite abhebt und sein Carrier-Signal sendet. Dann heißt es schnell sein und den Telefonhörer in den Akustikkoppler einsetzen. Es hat funktioniert! Wir sind drin.

Mit einem freundlichen Titelbild begrüßt uns MCS-Karlsruhe und bietet uns ein reichhaltiges Menü seiner Informationsmodule an. Im Modul Telebox finden wir unseren vorläufig weiteren Fahrplan, eine umfangreiche Liste deutscher Mailboxen. Als besonderer Service sind darin alle mit einem C 64 betriebenen Mailboxen mit einem Stern gekennzeichnet. Welche Überraschung, die überwiegende Mehrzahl aller Nummern trägt diesen Stern. Der C 64 ist mittlerweile nicht nur auf der empfangenden Seite der Datenfernübertragung dominierend, er beweist seine Leistungsfähigkeit auch als Host-Computer (Sende-Computer). Insgesamt gibt es in Deutschland mittlerweile schon mehr als 60 Mailboxen. Sie unterteilen sich in solche, die rund um die Uhr erreichbar sind und solche, die nur einige Betriebsstunden am Tag haben. Wir haben uns bei unserer Reise auf immer erreichbare Mailboxen konzentriert. Alle in der Übersicht (Tabelle 2) aufgeführten Mailboxen haben wir in tagelanger Wählarbeit für Sie besucht. Die dort veröffentlichten Telefonnummern waren zum Testzeitpunkt richtig. Sollte sich allerdings seitdem eine Nummer verändert haben, können wir dafür natürlich keine Verantwortung übernehmen. Wichtige Begriffe zum Thema Mailbox sind in Tabelle 3 aufgeführt.

Kriterium Übersichtlichkeit der Mailbox
(h)och, (n)iedrig
Geschwindigkeit der Übertragung
(h)och, (n)iedrig
Stoppt die Box zur Datensicherung?
(j)a, (n)ein
Können Programme übertragen werden?
(j)a, (n)ein
Wie stark ist die Box besucht?
(sch)wach, (s)tark
Wird die Box zensiert?
(j)a, (n)ein
Überwiegend (p)rivat od. (k)ommerziell genutzt Können Nachrichten übersprungen werden?
(j)a, (n)ein
Qualität der Angebote in der Box
(Note) 1-5
Professionell
(j)a, (n)ein
Art des Übertragungsprotokolls
(S)tandard, (A)bweichung
Wie gut ist die »Help«-Funktion
(Note) 1-5?
Besteht ein Gesamtzeitlimit?
(Minuten)
Timeout in Sekunden Kann der Sysop gerufen werden?
Name Telefon
Hanske 0201/736566 H N J J S J p J 2 J S 2 45 30 J
Ronsdorfer Box 0202/466327 H N J J SCH J p J 3 N S 3-4 30 J
Computer Center 02202/50033 H H J N S J K N 4 J S 4 _ 30 N
Tölleturm 0202/559350 H H N N SCH J K k.A. 2-3 J S 2-3 30 J
Vollrath 0209/271666 N H N N S J K N 3 J S 2 30 N
Epson 0211/593453 H H N N SCH J K N 3 J S 0 30 N
J.S.P. 02151/778570 H H J J S J P J 2 J S 2 20 30 J
K.I.S. 02151/801339 H N J J S J P/K J 2 J S 2 20 30 J
Symic 02161/200928 H H N N S J K N 3-4 J S 4 30 J
WDR 0221/371076 H H J J S J K J 2 I S 1 32 KByte 30 N
Kobra Box 02331/16401 H N J J S k.A. P J 2 I S 2 30 30 J
CBM-Club Hamburg 040/7540598 H N I N S k.A. P N 2 N S 3 15 60 J
MCS-HH 040/6523486 H H J J S N P J 2 N S 2 15 120 J
Wang 04101/23789 N H N N S J K N 3 J S 3 10 120 N
NCS-Box 04348/7513 H N J k.A. SCH J k.A. k.A. 3 J 8 Bit Wortl. 3 k.A. 30 J
DECATES 06154/51433 H H J J S J P J 2 J S 1-2 5-60 30 J
NORSAK 0711/519008 H H I J S J P J 2 J S 2 0 30 J
MCS-Karlsruhe 0721/685010 H H J J S J P J 1-2 J S 2 20 30 J
E.I.S. 07232/81278 H N J J SCH N P J 2 J S 3 30 J
S.I.S. 02304/44770 H H N J SCH J P J 3 J S 2-3 20 30 J
Black-Box 07331/82607 H N N N SCH J P N 3 J S k.A. k.A. 20 J
TEDAS 089/596422
089/598423
H H N J S J K J 3 J S 3 variabel 30 N
OTIS 06181/48884 H H I J S J P N 1-2 J S 3 60 J
Hacker Box Köln 0221/512640 H N J J SCH N P N 2-3 J S 2 35 30 J
Dortmunder MB 0231/170414 H N N J S J P N 2-3 J S 2 20 30 J
Halterner Box 02364/13826 H N k.A. k.A. SCH J P N 2-3 N S 3 30 30 I
Tabelle 2. 26 Mailboxen im Test
  • Akustikkoppler: Gerät zum Senden und Empfangen von Daten. Die Daten werden in akustische Frequenzen umgesetzt und mit einer Geschwindigkeit von 300 bis 1200 Baud (siehe unten) über das Telefonnetz übertragen.
  • Answer/Originate: Wenn zwei Computer im Vollduplexbetrieb miteinander kommunizieren, muß sich ein Computer im Originate-(zum Beispiel die Mailbox) und ein Computer im Answer-Modus befinden. Im Originate-Modus wird eine Trägerfrequenz von 200 Hertz auf das Signal aufmoduliert.
  • Baud: Maßzahl für die Geschwindigkeit der Datenübertragung, gemessen in Bit pro Sekunde.
  • Datenbits: Die für die Informationsübertragung genutzten Teile eines Bytes.
  • Duplex-Betrieb: Es wird zwischen dem Simplex- (nur senden), dem Halbduplex- (senden und empfangen im Wechsel) und dem Vollduplexverfahren (senden und empfangen zur gleichen Zeit) unterschieden.
  • Gesamtzeitlimit: Ein Gesamtzeitlimit ist das Zeitkonto eines Benutzers. Erreicht ein Mailbox-Benutzer sein Gesamtzeitlimit, trennt der Mailboxcomputer die Verbindung. Es soll damit verhindert werden, daß einzelne Benutzer die Mailbox stundenlang blockieren.
  • Host-Computer: Der Computer, auf dem eine Mailbox (beziehungsweise Datenbank) betrieben wird.
  • Mailbox: Eine Mailbox ist eine Art elektronischer Briefkasten. Sie unterteilt sich in verschiedene Leistungsmodule. Eine Mailbox ist über das normale Telefonnetz zu erreichen. Es wird zwischen drei Kategorien unterschieden:
    1. Öffentliche Mailboxen (Zutritt für jedermann)
    2. Private Mailboxen (Zutritt nur für eingetragene Benutzer)
    3. Gemischte Mailboxen (öffentlicher und privater Bereich).

    Alle drei Kategorien können sowohl kommerziell als auch nichtkommerziell sein. Im kommerziellen Bereich dienen Mailboxen oft zur Aufnahme von Bestellungen.

  • Stop-Bit: Markiert das Ende eines Zeichens bei der seriellen Datenübertragung. Die Empfangsstation wird wieder in den Wartezustand versetzt.
  • Sysop: System-Operator. Betreiber oder Aufsicht führendes Personal am Mailbox-Computer.
  • Timeout: Die Zeit, die eine Mailbox auf eine Eingabe des Benutzers wartet, bevor sie annimmt, daß der Benutzer aufgelegt hat. Die Verbindung wird dann aufgelöst.
  • Übertragungsprotokoll: Mit diesem Protokoll werden die Regeln festgelegt, die dem Übertragungsverfahren zugrunde liegen. Erst wenn beide Computer manuell oder automatisch auf das gleiche Übertragungsprotokoll eingestellt sind, kann eine sinnvolle Datenübertragung beginnen.
Tabelle 3. Grundlegende Begriffe aus dem Mailbox-Betrieb

Das neue Hobby — Mailbox-Betreiber

Warum gibt es eigentlich Mailboxen und warum nehmen es manche Computerbesitzer auf sich, mindestens zwei Tage in der Woche, wenn nicht gar jeden Tag vor ihrer Mailbox zu sitzen? Geld verdienen läßt sich mit einer Mailbox in den seltensten Fällen. Der Sysop (= System Operator) der Decates-Box sagte einmal, daß er schon froh wäre, wenn die Mailbox sich selber tragen würde. Meistens müssen die Betreiber einer Mailbox aber Geld investieren, denn soll das ganze legal sein, bedarf es der Installation durch die Post. Diese weigert sich aber beharrlich, Geräte, die sie nicht in einem langwierigen Verfahren getestet und für gut befunden hat, anzuschließen. Deshalb mieten viele Mailbox-Betreiber für eine monatliche Abgabe von 50 Mark und eine einmalige Anschlußgebühr von 80 Mark ein Postmodem.

Besser als Btx

Neben kommerziell genutzten Mailboxen, die sich als preiswerten und aktuellen Werbeträger sehen, wird die Mehrzahl der Mailboxen privat betrieben. Computer-Clubs, Universitäten, Studenten und Privatpersonen haben diese neue Form des Informationsaustausches für sich entdeckt. Unter dem Sammelbegriff Mailbox ist somit ein weit verbreitetes, komfortables und vor allem aktuelles Informationsmedium entstanden. Längst gehören Mailboxen mit nur zwei oder drei Menüpunkten der Vergangenheit an. Der Ideenreichtum der Programmierer macht einige Mailboxen interessanter als das vielzitierte und teure Btx. Die Merkmale einer guten Mailbox sind in Tabelle 4 zusammengefaßt. Private Initiative hat hier heute schon die Zukunft Wirklichkeit werden lassen. Unserem Postminister möchte man sagen: »Schauen Sie mal rein, Herr Schilling! — So sieht ein preiswertes, flexibles und kundenfreundliches Informationssystem aus.«

Eine Auswahl aus dem Leistungsangebot einiger Mailboxen:

Unterprogramme für:

  • Allgemeine Mail
  • Private Mail
  • Programmbibliothek
  • Meckerkasten
  • Unterhaltung
  • Suche/Biete
  • Kontakte
  • Mailboxnummern
  • Console (Sysop rufen)
  • Neuigkeiten
  • Termine, Treffs, Ausstellungen
  • Clubnachrichten
  • Tricks & Tips
  • HELP-Funktionen
  • Datex-P-Nummern
  • Gewerbliche Anzeigen
  • Verzeichnis der eingetragenen Benutzer
  • Beschreibung der Übermittlungsparameter
  • Hackers-Corner
  • Pinwand (für Kurzmitteilungen)
  • Telefonkostenberechnung
  • Biorhythmus
  • Grafikseiten
  • Top-Secret (nur für einen ganz engen Benutzerkreis)
  • Anzeige der Uhrzeit und des Datums
  • Impressum
  • Sysop ruft Benutzer
  • Anzeige der Restzeit
  • »the last One«-Anzeige des letzten Anrufers

Merkmale einer guten Mailbox:

  1. Geschwindigkeit
  2. Übersichtlichkeit
  3. Kurzmenüs (Hauptmenü nur auf Wunsch)
  4. System-Operator erreichbar
  5. Stoppt zur Datensicherung
  6. Rückkehr in das Menü jederzeit möglich
  7. Anhalten der Datenübertragung
  8. Überspringen einzelner Nachrichten
  9. Abbruch der Verbindung jederzeit möglich
  10. Einfaches Login
  11. Zensur nur, wo unumgänglich
  12. Automatische Parametereinstellung
  13. Auf gängige Terminalprogramme abgestimmt
  14. Rund um die Uhr erreichbar
  15. Such- und Sortierfunktion
  16. Ständige Verbesserung
  17. Gestaffeltes Gesamtzeitlimit
  18. Umschaltbar zwischen verschiedenen Computertypen (ASCII-Modus, CBM-Modus)
  19. Variable Zeilenlängen (80 Zeichen, 40 Zeichen)
  20. Btx-ähnlich aufgebaut
  21. Ausführliches Impressum (Parameter) auf Wunsch
  22. Wenig Störungen durch schlechte Hardware-Ausstattung der Box
  23. Datenübertragung wird nicht gestoppt, wenn die Mailbox Daten sichert
  24. Anzeige der Anrufernummer
Tabelle 4. Das sollte in einer guten Mailbox enthalten sein

Interessante Angebote

Natürlich sind die meisten der heute verfügbaren Informationen noch an das Thema Computer gebunden. Auf unserer Reise haben wir aber auch einige andere interessante Angebote gefunden. Da möchte beispielsweise ein Herr aus Hamburg seinen Wagen verkaufen. Mit einem Kostenaufwand von wenigen Mark an Telefongebühren erreicht er mögliche Interessenten von Flensburg bis Garmisch, indem er sich in verschiedenen Mailboxen unter der Rubrik Suche/Biete einträgt. Oder die Studentengruppe aus Dortmund, die für ihre Examensfeier noch Teilnehmer (weiblich bis 30 Jahre) sucht. Alles läßt sich natürlich nicht in einer Mailbox unterbringen, denn kaum ein Sysop, der nicht eine mehr oder weniger starke Zensur der Einträge macht. Abgesehen von ungesetzlichen oder beleidigenden Mitteilungen, wird das auch deswegen notwendig, weil es einigen Beiträgen an geistiger Reife mangelt. Mitteilungen wie »Ich war auch da« oder »Ratet mal, wer das schreibt?« verbrauchen Speicherplatz, der den ernstgemeinten Mitteilungen dann fehlt.

Das Klagelied der Mailbox-Betreiber über die Fehler der Neulinge in diesem Medium will nicht verstummen. Es ist zwar ein Vorrecht des Anfängers, den einen oder anderen Fehler zu machen. Trotzdem sollte sich jeder Neuling schrittweise in das neue Medium einarbeiten. Fast alle Mailboxen helfen ihm dabei: mit einer mehr oder weniger komfortablen Help-Funktion, die über die wichtigsten Eigenschaften der betreffenden Mailbox informiert. Zu den Informationen einer Help-Funktion gehören neben den Kommandos für das Anhalten der Datenübertragung auch Befehle zum Überspringen einzelner Nachrichten, dem Rufen des Sysops und dem Beenden der Verbindung. Die Decates-Box stellt ihren Gästen sogar eine Prüfungsfrage, die, wenn falsch beantwortet, automatisch das Hilfsmenü startet.

Das Nord-Süd-Gefälle

Mittlerweile hat uns unsere Entdeckungsreise durch verschiedene Städte gebracht. Dabei sind zwei Dinge aufgefallen: Die Mehrzahl aller Mailboxen befindet sich im norddeutschen Raum, zudem gleichen sich viele Mailboxen in ihrem Konzept. Warum der Norden noch dominiert, obwohl sich die Elektronikbranche in Süddeutschland konzentriert, ließ sich nicht klären, wohl aber die Ähnlichkeit einiger Mailboxen. Sie entstammen allesamt der gleichen »Schmiede«, dem Krefelder Info-Service. Für 198 Mark bieten die Krefelder ihre Mailbox-Software an. So entwickelten sich auch in Süddeutschland einige interessante Mailboxen, beispielsweise die E.I.S.-Box, die in der Nähe von Stuttgart zu erreichen ist. Ähnlich dem Btx-System ist diese Box in verschiedene Seiten unterteilt. Jede Seite hat eine Nummer und kann durch diese aufgerufen werden. Zeit- und geldsparend ist bei dieser Box die Möglichkeit, mit Control X das fast eine Minute beanspruchende Impressum (Titelbild) zu überspringen. In der E.I.S.-Box hat man (noch) die Chance, mit wenigen Versuchen eine freie Leitungzu erwischen. Nach Angaben des Sysop sind bislang erst 20 bis 30 Anrufe in der Woche zu verzeichnen.

Die guten und vielbesuchten Mailboxe im Ruhrgebiet und in Norddeutschland verlangen da schon etwas mehr Geduld.

Kontakte leicht gemacht

Möchte man direkt mit dem Sysop sprechen, hat man in der E.I.S.-Box dazu Gelegenheit. Bei den »Stars« unter den Mailboxen (Decades, WDR-Computerclub) erreicht man den Sysop erheblich seltener. Vielbesuchte Boxen reagieren auf Gäste auch schon mal etwas ungeduldig. Anders der Betreiber der S.I.S.-Box, schon kurz nach dem Aufrufen der Console meldete er sich. In einem freundlichen Dialog beschrieb er uns die Schwierigkeiten, aber auch die Freuden, die er mit seiner Mailbox hat. Hier entdeckten wir ein wesentliches Kriterium für das Betreiben einer Mailbox: Es gibt kaum ein Medium, mit dem schneller Kontakte geschlossen werden. Ausgehend vom obligatorischen »Du« kommt man sich über viele Kilometer hinweg, verbunden durch Draht und Elektronik, schneller näher als bei anderen Gelegenheiten — ein erstaunliches Phänomen! Einzig gebremst durch die Telefongebühren wird gefachsimpelt und Erfahrungsaustausch betrieben. Nicht selten werden auch persönliche Treffs abgemacht.

Die vorbildliche Mailbox

Auch der Sysop der MCS-Box in Karlsruhe, einer weiteren K.I.S.-Tochter, nimmt sich bereitwillig der Fragen seiner Besucher an. Er erleichtert damit nicht nur dem Neuling das Kennenlernen seiner Box. Und es lohnt sich. Ebenfalls im Btx-Stil aufgebaut, glänzt diese Box durch Übersichtlichkeit und handfeste Informationen. In sinnvollen Abkürzungen wie »AM« für allgemeine Mailbox oder »PM« für persönliche Mitteilungen wird ein Untermenü angeboten, welches durch eine gute Help-Funktion gekrönt ist. Sie führt zu einem Hauptmenü mit acht bis zehn Modulen, die sich nach dem Eintippen der entsprechenden Kennziffer mit ihrem Menü melden. Als Beispiel einer gepflegten Box versucht der Sysop zwar, so viel Informationen wie möglich bestehen zu lassen. Bei einigen unsinnigen Mitteilungen erlaubt er sich allerdings eine Zensur. Zwar hilfreich, aber dennoch schmerzlich ist die Abschiedsmeldung der MCS-Box. Statt einem lapidaren »tschüs« rechnet die MCS-Box die Kosten der Verbindung auf den Pfennig genau aus.

Eine lohnende Reise

Kehren wir zurück und betrachten wir das Ergebnis. Natürlich konnten hier nicht alle deutschen Mailboxen beschrieben werden. Wir wollen Ihnen auch nicht den Reiz nehmen, selbst auf die Reise zu gehen und Neues zu entdecken. Sicher ist, daß fast jede Woche neue Mailboxen hinzukommen und die Auswahl zwischen den verschiedenen Modulen in allen Mailboxen immer reichhaltiger wird. Damit ist auch sichergestellt, daß man öfter mal einen Anschluß bekommt. Uns hat die Reise Spaß gemacht. Fast wie im Krimi wächst die Spannung von einer Mailbox zur anderen. Gut unterhalten durch flott geschriebene Mitteilungen, versorgt mit den neuesten Programmen, einigen Kauf- und Verkaufsabsichten und vor allem den neuesten Informationen aus der Computerszene, kehren wir von unserer Reise zurück. Es hat sich gelohnt, auch wenn ein Postbeamter sein Gehalt einen Monat lang nun fast vollständig von uns erhält.

(Arnd Wängler/Gerd Wirth/aa)
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