C 64
Software-Test

Viza Star – Ein Stern wird geboren – der Commodore 64

Als erstes deutsches Computermagazin testeten wir Vizastar, die neue Datenbank-Tabellenkalkulations- und Geschäftsgrafiksoftware für den C 64.

In unserer letzten Ausgabe haben wir Vizawrite 64 vorgestellt, eines der leistungsfähigsten Textverarbeitungsprogramme für den C 64, wenn nicht sogar das leistungsfähigste überhaupt. Der Commodore 64 stößt damit in die Klasse der kleinen (aber vor allem preiswerten) Personal Computer vor. Zu den Fähigkeiten eines Personal Computer gehört aber mehr, als nur die Textverarbeitung. Drei der meistgebrauchten PC-Anwendungen sind die Datenverwaltung, die Tabellenkalkulation und die Geschäftsgrafik. Oft werden diese Funktionen in einem Programmpaket (zum Beispiel Lotus 1 2 3) kombiniert angeboten. So auch Vizastar 64. Bis auf die Textverarbeitung sind alle anderen Komponenten in Vizastar 64 vereinigt. Obwohl natürlich die Datenübertragung von einer Funktion in die andere (auch in die Textverarbeitung) möglich ist, soll hier zunächst auf die Leistungsmerkmale der einzelnen Funktionen eingegangen werden.

Vorab aber ein paar allgemeine Worte zu Vizastar 64 an sich. Geliefert wird das Programmpaket auf zwei Datenträgern, einem Modul und einer Diskette. Das Modul beinhaltet einen wesentlichen Teil des Steuerprogramms und lädt automatisch die restlichen Programmteile von der Diskette nach. Nach dem Laden kann die Programmdiskette weggelegt werden. Das gesamte Steuerprogramm (reine Maschinensprache) befindet sich im Speicher. Ab da wird nur noch mit Datendisketten gearbeitet. Die von Vizawrite 64 bekannten Einstellmöglichkeiten auf verschiedene Laufwerkskonfigurationen, die Farbgebung und den angeschlossenen Drucker sind auch in Vizastar 64 enthalten. Ein Centronics-kompatibler Drucker kann mit einem einfachen Userport-Kabel direkt angeschlossen werden, die Centronics-Treibersoftware wird immer mitgeladen. Vizastar 64 unterstützt eine große Anzahl von Druckermodellen wie beispielsweise CBM, Epson, Juki und Brother. Zum Lieferumfang gehört ebenfalls ein 90-seitiges ausgezeichnetes deutsches Handbuch. Ein zusätzliches Übungsbuch, ist nach Auskunft des Herstellers, in Kürze erhältlich. Die getestete Vorab-Version verfügte über keinen deutschen Zeichensatz, in der endgültigen Version soll er aber enthalten sein. Auch die Benutzerführung von Vizastar 64 ist noch englisch, die Kommandos sind allerdings einfach und einprägsam.

Die Tabellenkalkulation

Nach dem zirka 115 Sekunden dauernden Laden erscheint das Arbeitsblatt (Bild 1). Es ist wie ein richtiges Stück grafisches Papier aufgebaut. In den oberen drei Zeilen befinden sich die Menü- und Kommandohinweise. Die jeweils geltende Funktion wird revers dargestellt. Durch Druck auf die »Space«-Taste wird von Menüpunkt zu Menüpunkt gesprungen. Die jeweiligen Unterfunktionen erscheinen in Zeile 2 und 3. Ein Arbeitsblatt besteht aus Zeilen (0 bis 999) und aus Spalten (A bis BL). Jede Spalte kann eine beliebige Breite zwischen 3 und 36 Bildschirmspalten haben. Das Arbeitsblatt ist natürlich viel zu groß um als Ganzes auf dem Bildschirm zu erscheinen. Deshalb ist immer nur ein Teil abgebildet. Mit den Cursortasten wird der Arbeitsblattausschnitt über den Bildschirm verschoben. Ein direkter Sprung an eine Adresse ist natürlich auch möglich. Manchmal wird es notwendig, an verschiedenen Punkten des Arbeitsblattes auf einmal zu arbeiten. Vizastar 64 bietet deshalb eine »Window«-Funktion (Bild 2) an, mit der beliebige Teile des Arbeitsblattes auf dem Bildschirm eingeblendet werden (bis zu acht Windows). Die »optisch« darunter liegenden Informationen gehen natürlich nicht verloren, sondern bleiben weiterhin im Berechnungsprozeß eingebunden. Die Schnittpunkte zwischen den Zeilen und Spalten nennt man Zellen (insgesamt 64000). Jede Zelle hat ihre eigene »Adresse«, so heißt beispielsweise die erste Zelle A0, die rechts daneben liegende B0. Die Zellen sind der kleinste Informationsträger. Hier werden Texte und Zahlen gespeichert. Da aber jede Zelle ihre eigene Adresse hat, sind die verschiedensten Verknüpfungen zwischen den einzelnen Zellen möglich. Das Ergebnis einzelner Berechnungen wird wiederum in vorher definierten Zellen abgelegt, beziehungsweise beeinflußt alle von diesem Ergebnis abhängigen Zellen. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Nehmen wir an, Sie wollen die jährlichen Kosten Ihres Autos berechnen. Aber Sie wollen auch wissen, was passiert, wenn der Benzinpreis steigt, oder wenn Sie mehr Kilometer fahren. Diesen Sachverhalt nennt man in der Betriebswirtschaft »Entscheidungsfindung«. Sie erhalten Auskünfte über die Auswirkungen einzelner Maßnahmen in Abhänigkeit von vorgegebenen Werten und Bedingungen.

Bild 1. Das Arbeitsblatt im Ausschnitt
Bild 2. Die echte Window-Technik

Bild 3 zeigt, wie so ein Kalkulationsblatt aussehen könnte. Feste Werte sind Anschaffung, Reparaturen und Zubehör. Alle anderen Werten werden von Vizastar 64 anhand von Verknüpfungsbedingungen errechnet. Der Wertverlust wurde im Jahr 1982 mit 15% vom Anschaffungspreis angegeben. Der Anschaffungspreis von 1983 ist natürlich der Restwert von 1982. Die Benzinkosten werden in Abhängigkeit von den gefahrenen Kilometern und dem Benzinpreis berechnet. Ändert man nun auf dem Arbeitsblatt eine der unabhängigen Zahlen, zum Beispiel die gefahrenen Kilometer verändern sich sofort die Benzinkosten, und die Gesamtkosten pro Jahr. In Bild 4 sieht man was geschieht, wenn der Benzinpreis auf 2 Mark und die gefahrenen Kilometer auf 15000 ansteigen. Vizastar 64 bietet eine große Anzahl von Verknüpfungsfunktionen (Bild 5), die für optimale Geschwindigkeit sorgen. Damit aber auch die Eingabe der Werte und Formeln einfach zu handhaben ist, stehen dem Benutzer umfangreiche Editierbefehle zur Verfügung. Sie reichen vom Einfügen und Löschen einzelner Zeilen/Spalten über das Sortieren von Reihen bis zum Kopieren und Verschieben ganzer Blöcke.

Bild 3. Das Arbeitsblatt als Autokosten-Tabelle
Bild 4. So ändern sich die Werte, wenn die Benzinpreise steigen
Bild 5. Ein mögliches Karteiblatt

Ganz besonders leistungsfähige Funktionen sind die sogenannten EXEC-Befehle. Dieser Operationsmodus verwendet den Inhalt des Arbeitsblattes um die Tastatur zu simulieren. Sich wiederholende Befehlssequenzen (ähnlich einem Basic-Unterprogramm) können in Spalten innerhalb des Blattes eingetippt und zu jedem Zeitpunkt wiederholt ausgeführt werden. Zusätzliche EXEC-Befehle erlauben das bedingte Überspringen zu anderen Zellen. Imposantestes Beispiel für die EXEC-Befehle ist das auf der Systemdiskette mitgelieferte Demo-File, das einen kompletten Arbeitsablauf inklusive bewegter Grafik simuliert. Alle diese Funktionen werden mit unglaublicher Geschwindigkeit ausgeführt (man glaubt gar nicht wie schnell der C 64 sein kann). Das Abspeichern einzelner Arbeitsblätter zur späteren Verwendung ist für Vizastar 64 eine Selbstverständlichkeit. Damit sind die Anwendungsmöglichkeiten des Arbeitblattes natürlich bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Aber gerade dank der Flexibilität der Arbeitsblattfunktionen ist es für jeden Anwender möglich, sich seine eigene Problemlösung zu kreieren. Vizastar 64 unterstützt ihn dabei mit seiner Leistungsfähigkeit und der sinnvollen Benutzerführung.

Die Datenbank

Der zweite Bestandteil von Vizastar 64 ist die Datenbankfunktion. Die Operationen dieser Datenbank werden aufgerufen, als ob sie Teile des Kalkulationsprogrammes wären — was sie eigentlich auch sind. Vom Kalkulationsprogramm kann, ohne daß etwas nachgeladen werden muß, direkt in die Datenverwaltung und zurückgesprungen werden (inklusive Datentransfer). Das Arbeitsblatt verwandelt sich dabei zur frei definierbaren Karteikarte. Wie eine solche Karteikarte aufgeteilt aussehen könnte, zeigt Bild 5. Spezielle Zeichenbefehle ermöglichen den Einsatz des gesamten Commodore-Zeichensatzes. Die Eingabemaske kann somit extrem individuell gestaltet werden. Der Anwender ist nicht an eine Karteikarte gebunden, sondern kann einen einzelnen Eintrag über mehrere Karten ausdehnen. Auch ist die spätere Umgestaltung (Einfügen, Löschen) der einzelnen Karteikarten jederzeit möglich. Der grundsätzliche Aufbau der Datenbank ist mit dem Superbase 64 zu vergleichen. Grundsätzlich kann eine Vizastar 64-Datenbank aus bis zu 15 Einzeldateien bestehen. Ein Datensatz (Record) besteht aus bis zu 1000 Zeichen (Superbase 1108). Pro Satz sind 64 verschiedene Felder mit maximal 128 Zeichen pro Feld möglich (Superbase 127 Felder/255 Zeichen). Bei jedem Feld muß ein Indexschlüssel definiert werden, damit jeder einzelne Eintrag schnell aufgerufen werden kann. Ein Feld, das als Index-Schlüssel dient, hat eine maximale Länge von 30 Zeichen (Superbase 30). Da die Daten gemäß dem Schlüssel in alphabethischer oder numerischer Reihenfolge auf der Diskette geordnet sind, ermöglicht dieser Schlüssel beinahe den sofortigen Zugang zu jedem Datensatz innerhalb des Files. Die Zugriffszeit beträgt dabei im Durchschnitt nur 4 Sekunden pro Record. Die Anzahl der Datensätze (Records) findet bei Vizastar 64 ihre einzige Beschränkung in der vorhandenen Disketten-Speicherkapazität. Beim 1541-Laufwerk kann beispielsweise eine Kundenkartei (Name, Adresse, Tel. Ansprechpartner, Datum) über 500 Datensätze enthalten. Sind zwei Laufwerke angeschlossen, oder die SFD 1002, erhöht sich die Anzahl der Datensätze. Hierbei sei angemerkt, daß der Anschluß der SFD 1001 nicht problemlos ist, da das Commodore IEEE-Interface den Einsatz eines zusätzlichen Moduls mit Autostart nicht zuläßt. Der Zugriff auf die einzelnen Daten eines Files wird mit dem ACCESS-Befehl ausgeführt. Dieser Befehl erlaubt es, jeden Eintrag nach Wünschen einzugeben, abzurufen zu ändern oder zu löschen. Die Auswahlkriterien können definiert werden, so daß nur die gewünschten Einträge ausgewählt werden.

Mit etwas Übung und Geschick dauert es mit Vizastar 64 nicht lange, eine Buchhaltung oder eine Lagerbestandskartei aufzubauen. Im privaten Sektor ist an Anwendungen wie eine Bücher- oder Adreßdatei zu denken. Alle Daten, auch die des Arbeitsblattes, können mit Vizastar 64 auch ausgedruckt werden. Dazu dienen zwei Funktionen. Wenn ein grafikfähiger Drucker angeschlossen ist genügen zwei Tasten um eine entweder 1:1 oder 1:2 Hardcopy auf dem Drucker auszugeben. Nicht grafikfähige Drucker tun das zwar auch, haben aber keine reversen Zeichen beim Ausdruck. Datensätze können in beliebiger Form, zum Beispiel als Adreßaufkleber auf fast jedem Drucker oder Schreibmaschine zu Papier gebracht werden.

Der dritte Bestandteil von Vizastar 64 ist die Geschäftsgrafik. Der Anwender hat hier die Wahl zwischen Balken- oder Liniendiagrammen (Bild 6 und 7). Die abzubildenden Werte lassen sich aus beliebigen Bereichen des Arbeitsblattes entnehmen. Mit Hilfe der. EXEC-Funktion sind sogar Änderungen bestimmter Werte im Zeitverlauf darstellbar. Die Trendanalyse (ein wichtiges betriebswirtschaftliches Instrument) wird somit ungemein erleichtert. Durch die oben besprochene Window-Technik ist auch eine optisch ansprechende Abbildung bestimmter Werte denkbar. Grafik, Zahlen und Kommentare können beliebig gemischt werden.

Bild 6. Text und Balkendiagramme
Bild 7. Text und Liniendiagramme

Fazit: Es gibt keinen Zweifel, Vizastar 64 ist eines der leistungsfähigsten Programme, — aus dem Bereich Datenbank und Tabellenkalkulation —, das bisher in unserer Redaktion getestet wurde. Es zeichnet sich nun auch bei den Heimcomputern — wie bereits bei den PCs seit einem Jahre — der Trend zur integrierten Software ab. Die genaue Beschreibung aller Befehle von Vizastar 64 würde den Rahmen bei weitem sprengen. Zusammen mit Vizawrite 64 ist Vizastar 64 die optimale Programmausstattung für den Commodore 64. Nicht nur der Privatmann, sondern gerade der kleine Unternehmer wird viele seiner täglichen Entscheidungen mit Vizastar 64 leichter und genauer beurteilen können. Der einzige Nachteil dürfte die geringe Kapazität von zirka 9 KByte für Daten sein.

Wie eine Commodore 64-»PC«-Konfiguration aussehen könnte, haben wir in Bild 8 darzustellen versucht. Es besteht aus dem C 64, einem Floppy-Laufwerk, einem Farbmonitor, einem Matrix- und Typenraddrucker sowie aus dem Viza-Paket. Der Preis für das gesamte System liegt bei zirka 6500 Mark (mit den beiden Druckern), wobei Vizawrite 64 und Vizastar 64 mit etwa 700 Mark beteiligt sind. Man könnte in Anbetracht der Leistungsfähigkeit schon fast von »billig« reden.

(Arnd Wängler/aa)

Deutschland: Interface Age, Josephsburgstr. 6, 8000 München 80
Bezugsquellen: Microton, Postfach 40, CH-2542 Pieterlen, Preis: 398,—

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