C 16 — großer oder kleiner Bruder des C 64?
Starkes Basic 3.5, aber weniger Speicherplatz als beim C 64 — wo ist der C 16 einzuordnen?
Vorab gesagt: Die Frage, ob es sich um den großen oder den kleinen Bruder des C 64 handelt, läßt sich aber nur mit »beides« beantworten. Er bietet teilweise mehr, teilweise weniger als der fast schon legendäre C 64. Bedauerlich, daß Commodore die Gelegenheit der Neueinführung nicht dazu benutzte, einen wirklich in allen Punkten verbesserten Computer herauszubringen. Dieser vergleichende Bericht soll dem potentiellen Käufer, der zwischen C 16 und C 64 hin- und hergerissen ist, eine kleine Entscheidungshilfe geben.
Der C 16 präsentiert sich im vertrauten Gehäuse, jetzt allerdings in grauer Farbe. Nur beim genauen Hinsehen entdeckt man einige äußerliche Unterschiede zum VC 20 und C 64: Vier separate Cursorsteuertasten liegen oben rechts. Die Funktionstaste 4 ist mit HELP beschriftet, und einige Tasten (%, 1, =, —) liegen an ungewohnter Stelle der QWERTY-Tastatur. Die RESTORE-Taste fehlt, dafür gibt es eine ESC-Taste für 18 Funktionen wie Editieren, Bildschirmfenster, Scrollen etc. Ein seitlich angebrachter RESET-Knopf versetzt den C 16 in den Einschaltzustand und löscht dabei den Speicher. Getrennte Anschlüsse für Fernseher und Monitor sorgen in beiden Fällen für optimale Bildqualität.
Nach dem Einschalten fällt das etwas breitere, hellere Bild angenehm ins Auge. In schwarzer Schrift erscheint auf hellblauem Hintergrund die Meldung
COMMODORE BASIC V 3.5 12277 BYTES FREE.
Damit ist schon der wichtigste Pluspunkt des C 16 erwähnt: das wesentlich erweiterte und verbesserte Basic V 3.5. Nach dem spartanisch einfachen Basic V 2 für den C 64 wird dem Programmierer das Arbeiten durch 21 Kommandos und 50 Anweisungen (beim C 64 nur 7 beziehungsweise 29) ganz wesentlich erleichtert.
Von den neuen Anweisungen seien hier als besonders wichtig PRINT USING, IF…THEN…ELSE und GETKEY (GET ohne die Leerabfrage) erwähnt. Ganz neu sind einige Grafikanweisungen wie CIRCLE, COLOR, DRAW, LOCATE und PAINT. Für Töne und Musik gibt es die Anweisungen VOL (Lautstärke) und SOUND (Stimme 1 oder 2, Notenwert, Klangdauer). Erleichtert wird auch die Fehlerbehandlung durch TRON, TRAP, RESUME sowie die reservierten Variablen ER und EL, in denen die Nummern des letzten Fehlers und der letzten fehlerhaften Zeile gespeichert werden. DS und DS$ ermöglichen die direkte Abfrage des Fehlerkanales des Diskettenlaufwerks. Nicht nur für den Kenner nützlich ist der eingebaute Monitor, der mit MONITOR aufgerufen werden kann. Die Funktionstasten sind mit Basic-Befehlen belegt.
An den seriellen Ausgang des C 16 lassen sich verschiedene Floppy-Disk-Laufwerke, so auch die vertraute 1541, und die bekannten Drucker anschließen.
Auf dem C 64 geschriebene Programme können nur geladen und ausgeführt werden, wenn sie keine POKE-Befehle und keine in Maschinensprache geschriebenen Teile enthalten. Das ist sehr ärgerlich, aber man ist es von Commodore ja bereits so gewohnt.
Während der »große Bruder« mit 38911 freien Bytes im Arbeitsspeicher den Programmierer sehr verwöhnt, sind es beim C 16 nur noch 12277 Bytes. Dank der fortschrittlichen Speicherverwaltung des C 16 mittels »Banking« stehen allerdings nach Einstecken einer 64-KByte-Erweiterung mehr als 60000 Bytes dem Benutzer frei zur Verfügung. Kritik verdient auch die Tatsache, daß die »alte« Datasette und die »alten« Joysticks nicht mehr angeschlossen werden können. Die Anschlußbuchsen wurden geändert. Dies wurde aber mit entsprechenden Bauanleitungen in der 64'er behoben. Der USER-Port ist zu einem »Memory-Expansions-Schlitz« für Steckmodule geschrumpft.
Sprites können nicht mehr erzeugt werden, und auch der engagierte Musikfreund muß mit dem C 16 Einschränkungen hinnehmen. Kritisch muß noch angemerkt werden, daß das mitgelieferte Bedienungshandbuch trotz vieler schöner Beispiele nur ein Minimum an Information bietet.
Zusammenfassend kann man sagen, daß die Vorteile des C 64 zur Zeit in erster Linie beim höheren Software-Angebot liegen. Auch hinsichtlich der musikalischen Fähigkeiten und natürlich bei den Sprites hat der C 64 die Nase vorn. Die Grafikfähigkeiten beider Computer sind weitgehend identisch, der C 16 verfügt jedoch über 121 Farben, während es der C 64 nur auf deren 16 bringt. Die größte Stärke des C 16 ist jedoch die einfache und komfortable Programmierung. Zusammen mit dem günstigen Preis und der dennoch vorhandenen vielfachen Erweiterungsmöglichkeiten stellt der C 16 wohl den idealen Einsteiger-Computer dar. Der C 64 hingegen hat leichte Vorteile hinsichtlich der Hardware-Eigenschaften, ist aber aufgrund seines Minimal-Basic für den Einsteiger ungeeignet. Er ist aber der ideale Computer sowohl für den Nur-Spieler (und Nicht-Programmierer) als auch für den Maschinensprachespezialisten, der mit Basic wenig im Sinn hat.
(Dieter Hein/ev)