Musikmesse Frankfurt
Auch auf der diesjährigen Frankfurter Musikmesse war der C 64 wieder der Star unter den Homecomputern. Neben unzähligen Midiprogrammen gab es auch einiges an interessanter Software, die ohne teure Zusatzhardware läuft.

Sound Sampling war der Hit dieser Messe. Mehr noch als der teuerste Sound Sampler, das 250 000 Mark teure »Synclavier«, war der sogenannte »Kurzweil« vom Publikum umlagert. Dieses »nur« 30 000 Mark teure Keyboard kann unter anderem perfekten Flügelklang produzieren und wird auf Chips gespeichert. Doch man muß nicht unbedingt Millionär sein, um Froschquaken in Chips zu bannen. Mit einem C 64 und der nur 199 Mark teuren Sound-Sampling-Soft- und Hardware von Musicsales Limited ist man als Normalverbraucher auch gut versorgt.
Es muß ja nicht gleich der Originalklang eines Bechsteinflügels sein. Alle mit einem Mikrofon einfangbaren Klänge lassen sich mit diesem Gerät in den C 64 bannen. Maximal 1,4 Sekunden lange Klänge haben im Speicher Platz. Für Nachbars Bello reicht dies allemal. Und der wird Augen machen, wenn sein Bellennicht nur vorwärts, sondern auch rückwärts aus dem Speicher klingt. Oder als Echo. Mit der Loopfunktion kann Bello auch singen, das heißt den Ton anhalten, solange man die Taste drückt. Und in verschiedenen Tonhöhen, je nachdem welche Taste der aufgesetzten zwei Oktaven Minitastatur man drückt. Akustiker können sich den Kurvenverlauf des Klanges am Bildschirm in 128 Einzelseiten in Form eines Oszillogramms ansehen. Oder den Lautstärkenverlauf der 32 harmonischen Obertöne von Bellos Bellen als dreidimensionaler Fourierplot am Bildschirm betrachten. Kreative Soundbastler haben auch die Möglichkeit, eigene Kurven per Light Pen auf den Bildschirm zu malen und die von der Software in Klang verwandeln zu lassen.
Musikprofis wird interessieren, daß das System midikompatibel ist. Bis zu vier Sounds lassen sich gleichzeitig speichern und über die aufsteckbare Mini-Tastatur im Bereich von acht Oktaven spielen. Außerdem kann man den Sampler als Echogerät oder Harmonizer für unglaubliche Klangeffekte verwenden.
Music Maker, Play-along-Album und Prosynth heißen drei weitere Programme derselben Firma. Mit ihnen läßt sich der interne SID-Chip ansteuern. Prosynth ist ein midikompatibler Realtime- und Step-by-Step-Sequenzer mit umfangreichen Möglichkeiten. Lieder lassen sich also Ton für Ton über die alphanumerische Tastatur eintippen, oder auch über die Miniklaviatur direkt einspielen. Bei der Wiedergabe können gleichzeitig der SID-Chip und ein oder auch mehrere angeschlossene, midifähige Synthesizer klingen. Prosynth kostet zirka 54 Mark.
Zur Musikbox wird der C 64 mit den drei Play-along-Alben. Auf ihnen sind je zwölf Songs ziemlich perfekt programmiert, abspielbereit gespeichert. Es gibt Beatles-Songs, Klassik und Pop-Hits. Zu jedem Album erhält man ein kleines Büchlein mit den zugehörigen Texten und Noten. Über die Miniklaviatur kann man zu den Songs noch eine eigene Solostimme spielen, sofern man Lust hat. Jedes Album kostet zirka 54 Mark.
Music Maker ist ein ganz einfaches Musikprogramm mit acht Preset Sounds, einfacher Möglichkeit der Klangsynthese und einem 256-Tonsequenzer. Dieses Programm ist mehr für die Spielanwendung gedacht und kostet zirka 56 Mark.
In England werden diese Programme von Commodore vertrieben. Man kann nur hoffen, das dies auch in Deutschland möglichst bald der Fall sein wird.
Das zu diesem Programmpaket passende Midi-Interface kostet zirka 80 Mark. Außerdem wird es einen Acht Kanal-Ton-Expander und ein musikgerechtes externes Keyboard zusammen für zirka 560 Mark von Musicsales Limited geben.
Computer für Heimorgler
Die Selbstbau-Orgeln der Wersi DX-Serie lassen sich über die RS232-Schnittstelle von einem C 64 steuern. Zwei Softwarepakete werden hierzu momentan angeboten: das Kompositionsprogramm Nicole (zirka 245 Mark) und das Klangeinstellprogramm Wersibox (zirka 298 Mark, drei Disketten).
Nicole gestattet die Eingabe von Musikstücken in einer Art Texteditor. Die Möglichkeiten sind hervorragend. Jeder Ton kann mit eigener Lautstärke und Klangfarbe versehen werden. Insgesamt stehen 20 polyphone Instrumentenspuren und eine Schlagzeugspur zur Verfügung. Das entspricht einer 21kopfigen Band. Mit Wersibox kann man die umfangreichen Klangeinstellmöglichkeiten der DX-Orgeln vom Computer aus vornehmen.
Musipack C 64 und VC 20 der italienischen Firma Jen, bestehen aus einer 49-Ton-Klaviatur, einer Interfacecard mit neuem achtstimmigen Soundgenerator und der Software. Mit dem Programm lassen sich Klänge synthetisieren und Sequenzen aufzeichnen. Der Sequenzer der C 64-Version ist sechs-, der der VC 20-Version dreistimmig. Die Musiksysteme kann man auch realtime über die Klaviatur spielen.
Für Midi-Freaks blieben nach dieser Messe kaum noch Wünsche offen. Sogenannte Midirecorder existieren mittlerweile in den verschiedensten Modifikationen. Jede Firma, die etwas auf sich hält, hat mittlerweile ihre Version im Angebot. Der Trend dieser Messe: Notenschreib-Programme für Midisysteme. Die Firmen Steinberg Research, Jellinghaus Musiksysteme und Micro Music demonstrierten solche Software. Mit einem Midirecorder eingespielte Musikstücke werden von diesen Programmen in Notenschrift verwandelt und am Bildschirm gezeigt, oder über einen Drucker beziehungsweise Plotter ausgegeben. Dies ermöglicht auch weniger theoretisch versierte Musiker ihre Kompositionen zu notieren. Ein weiteres Plus für die Computerisierung der Musik. Der Trend dieser Musikmesse war klar: Was Midi ist, weiß mittlerweilejeder, darüber wird nicht mehr diskutiert. Was nun interessiert, sind spezielle Anwendungen des Systems, wie Notendruck und spezielle Interfaces für diverse Instrumente wie Schlagzeug oder andere akustische Instrumente sowie musikergerechte Software.
Eines ist absolut sicher — die zunehmende Computerisierung der Musik ist nicht mehr aufzuhalten.
(Richard Aicher/aa)