So machen's andere

Gelungener Einstieg

Am Gymnasium Unterpaffenhofen klappte der Einstieg in den praktischen Informatik-Unterricht. Ein Pascal- und ein Basic-Kurs kämpfen dort um die Computer.

Nach der Unterrichtsstunde werden die Commodore 64 belagert.

Der freiwillige Informatikunterricht der 9. Klassen fing gerade an, als ich am Gymnasium Unterpfaffenhofen ankam. Der stellvertretende Rektor Meinrad Höngdobler lud mich ein, nochmal die Schulbank zu drücken. Die Cursorpositionierung mit dem WRITELN-Befehl stand auf der Tagesordnung.

Als ich durch die Runde blicke, habe ich das Gefühl im Kaufhaus vor einem Computerstand zu stehen. Fünf Mädchen und zwölf Jungs im Alter von 14 bis 15 Jahren scharen sich neugierig um einen, erhöht stehenden, Commodore 4032, den Studiendirektor Höngdobler für den Pascal-Unterricht benutzt. Von mangelndem Interesse keine Spur; besonders wenn man überlegt, daß es 14.30 Uhr nachmittags ist und die Schüler freiwillig den Unterricht besuchen.

Basic und Pascal im eigenen Computerraum

Für den anfangs geplanten Basic-Kurs hatten sich 64 Schüler gemeldet. Zuviele für den vorhandenen Raum und zuviele für einen vernünftigen Unterricht. Die Schule beschloß deshalb zwei Kurse anzubieten: Pascal und Basic. Den Basic-Kurs gibt ein Kollege von Meinrad Höngdobler, Oberstudienrat Neuhäusler. Den Zulauf des Basic-Kurses beschränkte man dadurch, daß nur Schüler des sprachlichen Zweiges daran teilnehmen durften. Im Gegensatz zum naturwissenschaftlichen Zweig, können die »Sprachler« nicht mehr in der 10. Klasse im Mathematikunterricht zwischen Informatik oder darstellender Geometrie wählen.

Der Unterricht findet in einem eigens eingerichteten Computerraum statt, mit einer Ausstattung, von der in vielen anderen Schulen nicht mal geträumt wird: drei C 64 mit einem Erweiterungsmodul an einem Festplattenlaufwerk angeschlossen, ein Commodore 8032, zwei Commodore 4032, ein Apple IIe mit zwei Laufwerken, ein älterer Wang, ein CP/M-Kompatibler, zwei Drucker und ein XY-Plotter.

Die meisten Geräte wurden durch Eigeninitiative der Schule und Eltern angeschafft. Vom Kultusministerium wurde in neuerer Zeit nur der Apple mit einem Laufwerk bewilligt, das zweite Laufwerk finanzierte man ebenfalls aus eigenem Etat. Für den Apple entschloß man sich wegen des dafür erhältlichen Apple-Pascal-Compilers mit ladbaren Grafikroutinen. Die sehr große Auswahl an Geräten geht auf einen guten Kontakt der Schule zur Firma Adcomp zurück, die den Informatikkursen einige Geräte zur Verfügung stellt, wie das 10-MByte-Festplattenlaufwerk, einem Plotter und den Druckern. Adcomp bekommt dafür von der Schule laufend Erfahrungsberichte über die eigenen Peripheriegeräte.

Drei C 64 und eine Harddisk

Die drei C 64 werden mit einem Erweiterungsmodul von Adcomp an die Harddisk angeschlossen. Von diesem Modul findet man in Unterpfaffenhofen immer die neueste Version, die dort auf ihre Zuverlässigkeit geprüft wird. Durch das Festplattenlaufwerk erspart sich das Gymnasium Unterpaffenhofen den Kauf von mehrern Einzellaufwerken und die Schüler sind von den kurzen Zeiten begeistert, die die Harddisk zum Speichern und Laden braucht. Das Laden und Speichern von Programmen geht, im Vergleich zu einem 1541-Laufwerk, etwa 15mal schneller. Außerdem beinhaltet das Modul einen Toolkit auf EPROM, der nach dem Einschalten des C 64 initialisiert wird. Der Toolkit beinhaltet Basic 4.0, das den Umgang mit einem Diskettenlaufwerk vereinfacht. Befehle für Grafik, eine Hardcopyfunktion, eine Softscrolling-Routine, die den Bildschirm punktweise verschiebt, den von anderen Commodore-Computern bekannten TIM-Monitor und einen IOSEL-Befehl, mit dem das angesprochene Gerät (1541, Harddisk, Plotter) ausgewählt wird. Das Erweiterungsmodul belegt nicht den seriellen IEC-Bus des C 64, so daß ein 1541-Diskettenlaufwerk zusätzlich angeschlossen werden kann. Am User-Port steht eine Centronics-Schnittstelle zur Verfügung. Man erspart sich dadurch den Kauf von externen Hardware-Interfaces.

Bei den gebotenen Möglichkeiten ist es eigentlich klar, daß nach der Informatikstunde die Schüler nicht gleich nach Hause rennen, sondern erst richtig loslegen. Das Entwerfen von Programmen und vor allem das Eintippen macht den Schülern mehr Spaß als der theoretische Unterricht. »Nur noch SAVEn«, diesen Satz wird Meinrad Höngdobler wahrscheinlich oft zu hören bekommen, wenn er zum Schlußmachen mahnt.

Für den Unterricht in anderen Fächern steht eine fahrbare Anlage bereit: Ein Regalschrank auf Rollen, in dem ein C 64, eine Datasette, ein Diskettenlaufwerk und ein Fernseher steht. Zur Zeit wird damit im Mathematikunterricht die Kurvendiskussion unterstützt. Sind in Physik und Chemie geeignete Programme fertiggestellt, wird der »fahrbare« C 64 auch in diesen Fächern Einzug halten. Außerhalb des Unterrichts benutzt Studiendirektor Meinrad Höngdobler einen C 64 und einen Commodore 4032 zur Erstellung von Stunden- und Vertretungsplänen und zeichnet mit der Kombination C 64/Plotter Kurvendiagramme für den Mathematikunterricht auf Overheadfolien.

Wie sich der Informatikunterricht in den 10. Klassen entwickeln wird, weiß man in Unterpaffenhofen bis jetzt noch nicht genau. Man wird sich jedoch bald entscheiden müssen, ob nun darstellende Geometrie oder Informatik als Wahlpflichtteil im Mathematikunterricht gegeben wird. Ginge es nach den Schülern, wäre dies wahrscheinlich keine Frage. Ein Problem, das man in Unterpfaffenhofen mit sich trägt, ist die Erweiterung des Schulgebäudes des noch im Aufbau befindlichen Gymnasiums. Während der Bauzeit wird nämlich der jetzige Computerraum zur Baustelle und es ist kein anderer Platz vorhanden.

Wissensstand erhöhen

Das Beispiel des Gymnasiums in Unterpfaffenhofen zeigt deutlich, daß es geht, Computer mit in den Unterricht zu integrieren. Einige andere Schulen hinken aber der Entwicklung auf dem Gebiet noch hinterher, so daß es längere Zeit dauern wird, bis jede Realschule und jedes Gymnasium in Bayern die geplanten acht bis zehn Computer hat. Die Schuld an diesem Rückstand liegt in den meisten Fällen an zu knapp fließenden Mittel. Die Lehrpläne sollen in absehbarer Zeit an den heutigen Stand der EDV-Entwicklung angepaßt sein. Inzwischen laufen schon Modellversuche mit Ausbildungsangeboten, die umfassende Kenntnisse vermitteln sollen, über die Verwendungsmöglichkeiten von Mikroprozessoren und Computern und der Gewährleistung der Datensicherheit. Das heute übliche Lehrangebot begrenzt sich auf 40 Wochenstunden in der 10. Klasse Gymnasium und in der Kollegstufe auf drei Stunden pro Woche (Bayern). Bis der Computer aber in den naturwissenschaftlichen Fächern einen festen Platz haben wird, vergeht wahrscheinlich noch etwas Zeit.

Eigeninitiative gefragt

Es wird also in nächster Zeit die Angelegenheit von Eltern und Lehrern bleiben, für einen engeren Kontakt der Schüler mit dem Computer zu sorgen, wie das Unterpfaffenhofener Beispiel zeigt. Denn stehen für den Kauf von Computern nicht genügend Geldmittel von den Kommunen bereit, hilft eben nur noch eigene Initiative. Möglichkeiten gibt es einige. Man kann versuchen Computer und Peripherie-Geräte von der Industrie zu bekommen, als Spende oder zur Erprobung im Dauereinsatz. Besteht keine Möglichkeit dazu, helfen private Geldspenden. Zu hoffen bleibt, daß der in einigen Bundesländern geplante Ausbau des Computerunterrichts und die Modellversuche schnell in die Praxis umgesetzt und bundesweit eingeführt werden.

(hm)
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