Commodore Fachausstellung

Commodore ist wohl der einzige Computer-Hersteller der in Deutschland eine eigene Fachmesse veranstaltet. Auf der diesjährigen vierten internationalen Commodore Fachausteilung (CFA) in Frankfurt, gab es neben Altbewährtem einige Überraschungen. Software für den Plus/4, grafisch gestaltete Diskettenhüllen, Video-Digitizer, ein Joystick ohne Boden, Musikprogramme und Keyboards, Lernsoftware oder eine schnellere 1541 sind nur einige Beispiele. Doch eins war besonders klar zu erkennen: Der C 64 dominierte an allen Ecken und Enden.

Weniger die Software, sondern mehr die Datenträger erregten großes Interesse auf der CFA in Frankfurt. Bunte Disketten waren »in«, in jeder erdenklichen Farbe oder Farbkombination. Da diese Disketten auch nicht sehr viel teurer waren als normale Disketten, fanden sie natürlich reißenden Absatz. Besonders gefragt waren Memron-Disketten, die es mit allen möglichen abgebildeten Motiven gab: Weintrauben, golden mit schwarzen Streifen, bunte Schrift »Memo«, und so weiter. Einen besonderen Leckerbissen für Händler und private Großabnehemer bietet Lucius-Computer-Programme: Bei einer Abnahme von über 1000 Stück kann man sich sein eigenes Motiv auf die Diskettenhüllen drucken lassen.

Absteiger und Renner

Der VC 20 scheint nun endgültig auf dem absteigenden Ast zu sein. Ein Vertreter einer englischen Softwarefirma wunderte sich, warum in Deutschland überhaupt noch Software für den VC 20 angeboten wird. Selbst Commodore verzichtete darauf, irgend etwas zu zeigen, das mit dem VC 20 zu tun gehabt hätte — kein Wunder, denn der C 16 soll ja schließlich als Nachfolger für den VC 20 dessen Rolle übernehmen. Der Plus/4, jetzt mit vier fest eingebauten Programmen, war ebenfalls von Menschentrauben umlagert. Bei Commodore hieß es, man könne gegen Ende des Jahres mit der Auslieferung des C 16 und des Plus/4 rechnen.

Der »Plus/4« war eine der großen Attraktionen

Die größeren Commodore-Computer waren hauptsächlich mit Steuerungssoftware, Textverarbeitungs- und Anwendungsprogrammen vertreten. Besonders zu erwähnen ist die Textverarbeitung mit vollautomatischer Silbentrennung für die Commodore Serie 600/700 und 8000 von Hard + Soft in Bayreuth.

Auch der neue Commodore PC, der kompatibel zum IBM PC ist, wurde sehr intensiv auf dem Commodore-Stand vorgeführt.

Der eigentliche Favorit aber war — wie immer — der C 64.

Das Hauptangebot bei der Software bestand in Spielen, bei denen es einige Neuvorstellungen gab.

Ariola führte das Ballerspiel »River Raid« vor. Obwohl Ariolasoft gute neue Programme hat (Seven Cities of Gold, Archon II, Realm of Impossibility), konnten diese leider nicht gezeigt werden. Sie waren wohl aus Versehen von der Hifi-Video-Messe nicht zur Commodore Fachausstellung (CFA) nach Frankfurt, sondern zurück zu Ariola nach München geschickt worden.

Kingsoft stellte zwei neue Spiele vor: »Tom« und »Zaga«, beide durch gute Grafik und günstigen Preis (39 Mark auf Diskette) überzeugend. »Tom« ist ein Spiel, das man zu den intelligenten »Irrgarten-Hüpf-und-Kletterspielen« rechnen kann. »Zaga« ist ein Hubschrauberspiel, das sehr viel Ähnlichkeit zum bekannten »Zaxxon« aufzeigt. Beide Spiele sind voraussichtlich bei Erscheinen dieser Ausgabe schon lieferbar.

Spielszene aus »Tom«
Das Fluggebiet von »Zaga«

Die englische Softwarefirma Anirog brachte gleich drei neue Spiele auf den Markt: »The Soul Gem of Martek«, »P.G. Fuzz« und »The Catacombs«, die ebenfalls durch Leistung und einem Preis von weniger als 40 Mark beeindrucken und ab Oktober über Kingsoft und Micro-Händler beziehbar sein werden. Bei diesen Spielen zeigte sich schon deutlich der Trend weg von den Schießspielen hin zu den intelligenteren Programmen.

Titelbild von »Catacombs«

Anspruchslos aber billig waren die Spiele von Bubble Bus: Messepreis 20 Mark das Stück, und das war für die Qualität der Spiele noch zu hoch.

PSS-Software aus England stellte das neue Taktikspiel »Battle for Midway« vor, das aus 90% Taktik und 10% Action (Kampf nur bei Konfrontation mit feindlichen Truppen) besteht.

Bei Lucius-Computer-Programme waren zwei Keyboards zu bewundern: Das Colortone-Sensortasten-Keyboard und das Colortone-Professional-Keyboard. Mit dem Sensortasten-Keyboard wird eine ausgezeichnete Musiksoftware geliefert, die wegen Ihrer einfachen Handhabung speziell für Musikanfänger geeignet ist. Zum Professional-Keyboard wird entsprechende Professional-Software geliefert, die von den musikalischen Möglichkeiten her fast mit Musicalc konkurrieren kann. Beide Keyboards sind außerdem noch passend zum Synthesizer-Softwarepaket »Musicalc«, welches ebenfalls von Lucius vertrieben wird.

Color-Professional-Keyboard
Das Sensortasten-Keyboard von Lucius

Das Wersi-Keyboard wurde bereits in der letzen Ausgabe vorgestellt. Wersi setzt mittlerweile den C 64 auch zur Steuerung ihrer großen Heimorgeln ein.

Interface Age zeigte das »Extended Graphik System«, ein gutes Grafik-Utility, über das wir in diesem Heft auch näher berichten.

Handic-Software bot keine neuen Produkte für den C 64, zeigte aber überraschenderweise schon Spiele für den Plus/4: Drei Textadventures, die an die Abenteuerspiele von Scott Adams angelehnt sind, sowie ein einfaches Datenverwaltungsprogramm.

Auch an Hardware wurden einige interessante Neuigkeiten gezeigt, wenn auch die Erwartungen etwas höher ausgefallen waren. Hallberg Elektronik stellte eine 128 KByte-EPROM-Platine für den C 64 vor. Sie ist per Software ein- und ausschaltbar. Damit ist es nun möglich, eine ganze Reihe von verschiedenen Programmen auf EPROM zu brennen und zu nutzen, ohne jedesmal von Diskette zu laden. Sofort beim Einschalten des C 64 stehen alle Programme zur Verfügung. Durch einen POKE-Befehl oder mit den Funktionstasten können Sie das gewünschte Programm aktivieren. Wenn die Karte ausgeschaltet ist, belegt sie weder Speicherplatz noch stört sonst irgendwie. Es können EPROM-Typen von 4 bis 16 KByte eingesteckt werden. Sehr interessant war ein völlig neuartiger Joystick, ebenfalls von Hallberg. Bei diesem Joystick scheint der untere Teil zu fehlen. Er besteht also nur aus dem Griff mit den Feuerknöpfen. Das Prinzip ist einfach und genial zugleich: es wird nach den Gesetzen der Trägheit mit Quecksilber gearbeitet. Zur Steuerung benötigt man nur eine Hand, die andere bleibt frei.

Verblüffend. Joystick ohne Boden

Es wird aber bereits an einer Version gearbeitet, die ähnlich Navigationsinstrumenten in der Schiff- und Luftfahrt mit Kreisel arbeiten, so daß auch Relativ-Bewegungen möglich sind. Das heißt, daß die Bewegung des Cursors (des Sprites, etc.) aufhört, wenn auch der Joystick still steht.

Michael Lamm, ein Hardware-Entwickler, stellte einen neuen IEEE-Bus vor. Durch dessen externes, erweitertes Betriebssystem wird kein Speicherplatz verbraucht. Im Gegensatz zu vielen herkömmlichen IEEE-Bussen sind die RS232-Routinen noch voll erhalten. Die serielle Schnittstelle des C 64 kann ebenfalls benutzt werden. Die Karte wird von Jann-Datentechnik Berlin vertrieben.

Print-Technik und Roland Köhler stellten einen Digitizer vor. Mit Ihnen kann ein von einem Video-Recorder beziehungsweise einer Video-Kamera aufgenommenes Bild in digitale Informationen umgewandelt werden. Diese Bilder lassen sich auf Diskette speichern und von Grafikdruckern ausgeben. Auch Schwingungen, zum Beispiel Töne über ein Mikrofon aufgenommen, können digitalisiert und als grafische Darstellung der Schwingungen verarbeitet werden.

Video- und Akustikdigitalisierer im Einsatz

International Computing aus Holland präsentierte eine wesentlich schnellere VC 1541, bei der alle Datenübertragungen beschleunigt werden. Zu diesem Zweck sind einige Umbauten am C 64 und an der Floppy notwendig. Die Kompatibilität bleibt jedoch voll erhalten. Es wird zusätzlich zu dem seriellen Port eine parallele Datenübertragung installiert. Mit einem Schalter kann umgeschaltet werden. Es ist auch möglich, ein EPROM mit Btx-Software zu integrieren. Ein weiterer Schalter läßt auch die Benutzung der Diskettenrückseite zu, ohne eine zusätzliche Kerbe in die Diskette zu stanzen. Die junge Firma steht gerade in Verhandlungen mit deutschen Firmen, die den Vertrieb und den Service übernehmen sollen. Die 64’er Redaktion fand die Demonstration so interessant, daß ein ausführlicher Test vorbereitet wird.

Wer seinen SX 64 mit einem Doppellaufwerk ausstatten will, kann dies bei RMC für 2 500 Mark machen lassen. Dort wird die Micropower 2000 zerlegt und in den SX 64 eingebaut.

Datenfernübertragung

Am Stand von Software Express wurde DFÜ »zum Anfassen« präsentiert. Über einige Telefonleitungen konnten die Messebesucher Akustikkoppler und Treibersoftware (Teleterm für 198 Mark) ausprobieren. Für diejenigen, die keinen Platz am Computer erreichten, wurde das, was auf einem Monitor zu sehen war, auf eine 2 x 3 Meter große Leuchtdiodenwand übertragen.

Leuchtdiodenwand als Bildschirm

Als Renner stellte sich der Akustikkoppler AK 300 (Vertrieb Software Express: Preis 548 Mark) heraus. Er war nach kurzer Zeit vergriffen.

Auch Roboter waren auf diesem Stand zu sehen. Einer von ihnen machte aus einem Akustikkoppler ein »Modem«, in dem er das automatische Abheben des Telefonhörers übernahm.

Sehr interessant war der Workshop vom »Commodore-Guru« Jim Butterfield über die neuen Computer Plus/4, C 16 und C116. Ein Interview mit Jim Butterfield zu diesem und noch anderen Themen wird in der nächsten Ausgabe folgen.

Nach langer Zeit haben die deutschen Softwarehersteller endlich die Lernsoftware entdeckt. Die ersten Ergebnisse, die auf der Messe vorgestellt wurden, konnten uns aber nicht in jedem Fall überzeugen. Man wird noch lernen müssen, daß schnelles Reagieren auf einen neuen Markt, nicht auf Kosten der Qualität gehen darf.

Das Produktspektrum konnte sich allerdings schon sehen lassen.

An die Jüngsten unter den Computer-Benutzern wendet sich der Otto Maier Verlag (Ravensburger) mit Spielen, die das gestalterische Denken entwickeln und fördern sollen. Die Altersgruppen, auf die diese Programme abgestimmt sind, liegen zwischen fünf und zehn Jahren. Die Preise für die neuen Produkte liegen zwischen 88 und 98 Mark.

Mathematikprogramme wurden von zwei Anbietern vorgestellt. Der Westermann Verlag beschäftigte sich hauptsächlich mit den Grundrechenarten. Weiterhin wird ein Programm zum Rechtschreibtraining angeboten. Die Produktpalette umfaßt zur Zeit elf Programme, soll aber in Kürze auf 28 Programme erweitert werden. Die Preise hierfür liegen zwischen 39 und 89 Mark. Das Mathematikprogramm ALI von Heureka-Software ist auf die Schüler der Klasse fünf bis hin zur Oberstufe abgestimmt.

Das größte Angebot ist bei den Vokabellernprogrammen zu finden.

Die Langenscheidt Verlagsgruppe bietet zur Zeit vier Programme für die englische Sprache für je 80 Mark. Die Produktpalette soll in Zukunft erheblich erweitert werden. Also nach dem reinen Übersetzungscomputer von Langenscheidt nun auch Sprachprogramme für Heimcomputer. SM Software hat in seinem Angebot drei Englisch-, zwei Französisch-, einen Spanisch- und einen Italienischkurs. Diese Kurse kosten je 198 Mark. Ein Vokabelprogramm für Latein wird vom Markt&Technik Verlag angeboten.

Einige der Vokabellernprogramme enthalten kleine Spiele. Hat man eine bestimmte Anzahl von Vokabeln gewußt, so darf man als Belohnung einmal spielen.

Ein Lernprogramm ganz anderer Art wurde von Homesoft vorgestellt. Diese Kurse sollen die Computerhändler in die Lage versetzen, ihren Kunden ausreichend Hilfestellung zu geben. Der Einsteigerkurs von 4 x 2 Stunden kostet 98 Mark, der Preis des Basic-Fortgeschrittenenkurses liegt bei 198 Mark. Beide Preise sind inklusive komplettem Unterrichtsmaterials.

(aa/gk/rg/M. Kohlen)
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