Terminal 64 – Schwer auf Draht
Die Datenfernübertragung mit dem Commodore 64 wird immer interessanter. Seit nun auch gute Akustikkoppler mit FTZ-Nummer zu günstigen Preisen erhältlich sind, gehört eine DFÜ-Ausrüstung fast schon zur Grundausstattung eines Computers.
Es ist kaum ein halbes Jahr her, als der C 64-Besitzer, ausgestattet mit einer RS232-Schnittstelle (noch vom VC 20), einem zusammengelöteten Akustikkoppler und einem kleinen, unkomfortablen DFÜ-Programm noch als Exot unter den Benutzern der verschiedenen Mailboxen galt. Damals war dies die Welt der Epsons, DECs und IBMs, heute ist das eher umgekehrt. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Entwicklung leisteten findige Programmierer, die dem Anwender immer komfortablere DFÜ-Programme zur Verfügung gestellt haben.
Gute Software ist wichtig
Jede auch noch so teure Geräteausstattung bleibt ohne Wert, solange nicht die entsprechende Software erhältlich ist. Mit Terminal 64 wird nun ein Programm angeboten, das den Anspruch erhebt, komfortabel und leistungsfähig zu sein. Wir haben es im Praxisbetrieb getestet. Angeschlossen waren neben der obligatorischen RS232-Schnittstelle und dem Verbindungskabel ein Minimodem 3005.
Nach dem Laden steht dem Anwender das erste der verschiedenen Untermenüs zur Verfügung (Bild 1). Im Gegensatz zur sonst üblichen Praxis werden die Unterfunktionen nicht über Zahlen, sondern mit den Cursortasten ausgewählt. Der erste Menüpunkt dient zur Umschaltung in den Online-Modus. In dieser Funktion kann Terminal 64 von anderen Computern per Telefonleitung Zeichen empfangen und speichern.
Viele Zusatzinformationen
Im Online-Modus ist die erste Zeile als Statuszeile ausgelegt. Neben dem Schriftzug »Online« dient die Statuszeile der Übermittlung diverser Informationen. Es handelt sich dabei um sogenannte »Statusflags«. Für alle, die ihre Telefonrechnung selber bezahlen müssen, ist die hier angezeigte Zeitinformation sicherlich sehr kostensparend, denn beim Stöbern in Datenbanken ist Zeit nur ein sehr relativer Faktor. Das zweite Flag (snd) gibt Auskunft darüber, ob der Commodore gerade aus seinem Puffer sendet. Nach dem Abschluß jedes Sendevorgangs kann am dritten Flag (end) erkannt werden, wann der Computer mit dem Senden fertig ist. Ebenso wird das vierte Flag (sto) revers geschaltet, wenn empfangene Zeichen gespeichert werden. Am rechten Rand der Statuszeile zeigt das fünfte Flag die verfügbare Restspeicherkapazität in Zeilen zu vierzig Zeichen an. Bei einer Gesamtspeicherkapazität von zirka 40000 Zeichen dauert es allerdings eine ganze Zeit, bis der Speicher gefüllt ist.
Nun ist das Empfangen und Darstellen von Zeichen natürlich nicht das einzige, was von einem guten Terminalprogramm erwartet werden darf. Je mehr der Anwender in das Geschehen, beziehungsweise auf den anderen Computer einwirken kann, desto größer ist der Nutzen des Terminalprogramms. Bei Terminal 64 wird der empfangene Text sowohl auf dem Bildschirm dargestellt, als auch in den Computer geladen. Dabei können Speicherbeginn und -ende entweder vom Benutzer selbst oder auch vom Hostrechner gesteuert werden. Beim benutzergesteuerten Speicher wird mit der Fl-Taste bestimmt, welche Textpassagen gespeichert werden sollen. Unwichtige Teile können auf diese Weise per Tastendruck ausgeblendet werden, damit der Pufferspeicher nicht unnötig vollgeschrieben wird. Oftmals kann es aber auch vorteilhaft sein, wenn der sendende Computer Speicherbeginn und -ende steuern kann, zum Beispiel bei der Übertragung von Programmen.
In diesem Fall ist der Job des Benutzers von Terminal 64 recht einfach, denn die entsprechenden Steuerzeichen werden vom Programm unterstützt und gegebenenfalls ausgeführt. Der umgekehrte Fall, in dem der Commodore zum sendenden Computer wird, ist natürlich auch denkbar. Mit CTRL B beziehungsweise CTRL C wird nun der Speicherbeginn und das Speicherende des empfangenden Computers gesteuert.
Das Senden von Zeichen kann mit Terminal 64 grundsätzlich auf drei verschiedenen Wegen realisiert werden. Zur Verfügung stehen entweder die Tastatur, die mit beliebigen Strings belegbaren Funktionstasten oder der Pufferspeicher. Die erste und zweite Methode dienen in der Regel dem direkten Dialog mit anderen Computern, bei denen sich Sender und Empfänger abwechseln. Das Senden aus dem Pufferspeicher lohnt sich meist dann, wenn längere Texte, beispielsweise Listings, übertragen werden sollen. Dabei besteht beim Übertragen des Pufferspeichers die Wahlmöglichkeit zwischen zeilenweisem oder kontinuierlichem Senden. Auch die für manche Hostcomputer gelegentlich notwendige Verzögerung der Datenübertragung, kann mit Terminal 64 in drei verschiedenen Stufen eingestellt werden.
Eines der interessantesten Anwendungsgebiete für den Modembetrieb ist die Übertragung von Programmfiles. Dies geht im Prinzip nicht viel anders vor sich, als die Übermittlung von Texten oder sonstigen Mitteilungen. Da im Modembetrieb aber eine Übermittlung gemäß dem ASCII-Standard notwendig ist, muß der Programmcode vor dem Senden in ein ASCII-File umgewandelt werden. Das geschieht vor dem Laden von Terminal 64 am einfachsten mit dem LIST-Befehl: 1. Programm laden, dann im Direktmodus OPEN 2,8,2, “FILENAME, S, W”: CMD2 : LIST: CLOSE2 eingeben. Dabei ist zu beachten, daß im Programm keine Commodore-spezifischen Steuerzeichen enthalten sein dürfen (durch CHR$-Codes ersetzen). Ein so präpariertes Programm kann nun als sequentielles File von Terminal 64 in den Pufferspeicher geladen und dann gesendet werden. Für den Empfang von im Quellcode vorliegenden Programmen stellt Terminal 64 sogar eine eigene Umwandlungsroutine bereit. Für ein empfangenes und im Pufferspeicher abgelegtes Programm wird im Untermenü Diskettenoperationen der Punkt Fileumwandlung angewählt. Nach dem Eingeben des Filenamens wird das transformierte File als Basic-Programm auf Diskette geschrieben. Der Pufferspeicher kann, ebenfalls vom Diskettenmenü aus, aber auch ohne Umwandlung zur späteren Weiterverarbeitung abgespeichert werden (Bild 2).
Mit allen seinen komfortablen Eingabefunktionen und seiner kompletten Ausstattung, sogar mit einem Standard ASCII- und einem deutschen Zeichensatz, ist der Terminal 64-Editor beinahe schon ein kleines Textverarbeitungsprogramm (Bild 3). Da auch alle Funktionen zum Speichern und Laden von Texten vorhanden sind, lohnt es manchmal, bestimmte Texte, die später gesendet werden sollen, gleich in den Pufferspeicher von Terminal 64 zu schreiben. Damit aber nicht genug, denn Terminal 64 kann alle sequentiellen Files lesen. Textverarbeitungsprogramme können zur Erstellung eines Briefes herangezogen werden.
Flexibilität großgeschrieben
Wichtigstes Kriterium eines Terminalprogramms ist natürlich seine Flexibilität. Wer nur deshalb, weil Einstellparameter fehlen, die Hälfte aller verfügbaren Datenbanken erreicht, wird sicher bald enttäuscht sein. Terminal 64 ist in dieser Hinsicht vorbildlich. Das umfangreiche Parametermenü (Bild 4) läßt fast keine Wünsche offen. Baudraten von 150 bis 2400, Anzahl der Datenbits, Stopp-Bits, Halbduplex/Vollduplex und vieles mehr, stehen zur Wahl. Besonders interessant sind natürlich die beiden letzten Punkte, denn sie verwandeln den Commodore in einen Computer mit vollständiger DIN-Tastatur. Da Terminal 64 auch viele am Commodore anschließbaren Drucker unterstützt, entfallen im Zusammenspiel mit einem Umlautfähigen Drucker unliebsame Falschzeichen auf dem Ausdruck. Aber auch der ASCII-Zeichensatz entspricht der Norm. Die dadurch erreichte Kompatibilität mit anderen Hostcomputern kann mit Recht als fast hundertprozentig bezeichnet werden.
Datensicherheit, Leistungsfähigkeit und Komfort sind wohl die treffendsten Attribute für dieses Terminalprogramm. Bis auf die fehlende Darstellung von 80 Zeichen auf dem Bildschirm, kann Terminal 64 als Wegbereiter und neuer Standard für Terminalsoftware für den Commodore 64 gelten. Durch den großen verbleibenden Pufferspeicher ist mit diesem Programm ein effizientes Arbeiten in der Datenfernübertragung möglich.
(Arnd Wängler/rg)Bezugsquelle: Electronic Universe, Hindenburgstr. 98, 2120 Lüneburg, Preis inklusive Schnittstelle 169 Mark.